Stellungnahme zum Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise: Einführung einer Ausnahmeregelung für Biomasseanlagen bei einer Strompreis-Abschöpfung ab 18 Cent/kWh
Mit einer Bruttostromerzeugung von 44 Terawattstunden (TWh) pro Jahr stellen Biogasanlagen, Holzheizkraftwerke und andere Bioenergieanlagen zuverlässig Strom aus erneuerbaren Energiequellen bereit. Angesichts der Willkür russischer Gaslieferungen und der selbstgesteckten klimapolitischen Ziele verfügt Deutschland somit über ein solides Fundament zur Erhöhung der Versorgungssicherheit, Stärkung der Energieautonomie und zur Senkung fossiler Emissionen.
Aufgrund der fortwährenden Weigerung Russlands seinen vertraglichen Verpflichtungen zur Lieferung von Erdgas nachzukommen, befindet sich der Börsenstrompreis derzeit auf einem außerordentlich hohen Niveau von häufig mehr als 50 ct/kWh. Um die Verbraucher zu schützen und den Strompreis zu stabilisieren, plant die EU-Kommission die Einführung eines Instruments, das es den Mitgliedsstaaten erlaubt, Erlöse jenseits von 18 ct/kWh einzuziehen. Dies soll für alle so genannten inframarginalen Technologien gelten, zu denen die Kommission Atomenergie, Kohle und Erneuerbare Energien zählt. Die Kappung der Mehrerlöse soll zeitlich begrenzt vom 1. Dezember 2022 bis zum 31. März 2023 gelten. Eine Ausnahme von dieser Regelung gilt demnach für Anlagen zur Nutzung von Biomethan, da diese in direkter Konkurrenz zu Erdgasanlagen stehen und darüber hinaus über die Flexibilität verfügen, nach Bedarf hoch- oder heruntergefahren zu werden.
Laut EU-Kommission ist die Höhe der Erlösobergrenze so bemessen, dass betroffene Anlagenbetreiber auch weiterhin ihre Investitions- und Betriebskosten refinanzieren können. Mit der gewählten Obergrenze soll vermieden werden, dass künftige Investitionsentscheidungen für neue inframarginale Erzeugungsanlagen im Einklang mit den politischen Zielen der EU für 2030 und 2050 gefährdet werden.
Die Bioenergieverbände sehen mit der Einführung einer Erlösobergrenze in Höhe von 18 ct/kWh für Bioenergietechnologien die Rentabilität deutscher Biomasseanlagen massiv gefährdet und verweisen auf die hohen Betriebs- sowie Brennstoff-Beschaffungskosten, welche dem hoch volatilen Marktgeschehen unterliegen und sich im Winter voraussichtlich auf hohem Niveau einpendeln werden.
Das Wichtigste in Kürze
1. Die im Verordnungsentwurf vorgeschlagene Einführung einer Erlösobergrenze für inframarginale Stromerzeugungsanlagen in Höhe von 18 ct/kWh gefährdet den wirtschaftlichen Betrieb vieler Bioenergieanlagen und droht zu einer (Teil-)Stilllegung des Anlagenbestandes zu führen. Dies ist weder klima- noch energiesicherheitspolitisch sinnvoll.
2. Biomasse wie z.B. Gärsubstrate, Alt- und Restholz unterliegen Marktmechanismen und sind hinsichtlich ihrer Preisbildung und Verfügbarkeit volatil. Neben den Brennstoffkosten haben Bioenergieanlagen weitere variable Kosten (z.B. Austausch von Komponenten, Betriebsstoffe), die kontinuierlich anfallen und deren Preise aufgrund der Inflation z.T. massiv angestiegen sind. Bioenergieanlagen sind aufgrund der hohen Betriebskosten daher nicht mit anderen inframarginalen erneuerbaren Stromerzeugungstechnologien zu vergleichen.
3. Eine Abschöpfung sämtlicher Mehrerlöse oberhalb von 18 ct/kWh würde den allermeisten Anlagen keine ausreichende Erlöslage durch eine flexible Fahrweise sichern. Auch die umfangreichen Investitionen in die technische Umrüstung von Bioenergieanlagen, die für eine flexible Fahrweise notwendig sind, könnten nicht refinanziert werden.
Biogas-Anlagen, Holz- und andere Biomasseheizkraftwerke müssen, ähnlich wie für Biomethan vorgesehen, von der Erlösobergrenze von 18 ct/kWh ausgenommen werden, da nachweislich höhere Kosten vorliegen. Eine energieträgerspezifische Lösung müsste die oben genannten Kostenaspekte berücksichtigen und wäre deutlich höher anzusetzen, da die Erzeugungskosten derzeit kaum prognostizierbar sind. Demzufolge sollte aufgrund der Dringlichkeit der Umsetzung Biomasse vollständig ausgenommen werden. Die Branche steht aber für konstruktive Diskussionen zur Verfügung.