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21.06.2024

Stellungnahme zum Referentenentwurf einer zweiten Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm

Das Wichtigste in Kürze

1. Das „dörfliche Wohngebiet“ ist dem „Dorfgebiet“ gleichzustellen: Sowohl das „dörfliche Wohngebiet“ als auch das „Dorfgebiet“ bestehen aus derselben Nutzungsmischung aus Wohnen, Gewerbe und Landwirtschaft. Unabhängig davon, ob letztere im Haupt- oder Nebenerwerb ausgeübt wird, kommt es zu denselben Lärmemissionen. Zudem sollen für das „dörfliche Wohngebiet“ Immissionsgrenzwerte eingeführt werden, die sich deutlich mehr an den Grenzwerten für „allgemeinen Wohngebiete“ und „Kleinsiedlungsgebieten“ orientieren als an denen für „Kern-, Dorf- und Mischgebiete“, obwohl laut Baunutzungsverordnung (BauNVO) das „dörfliche Wohngebiet“ zwischen dem „Dorfgebiet“ und „Mischgebiete“ einzuordnen ist.

2. Verschärfung hätte negative Folgen für Bioenergieanlagen und landwirtschaftliche Betriebe: Die Verringerung der Immissionsgrenzwerte um 3 db(A) entspricht faktisch einer „Halbierung“ der Gesamtlärmemission. Hierdurch werden betroffene bestehende landwirtschaftliche Betriebe, aber auch bestehende Biomasseanlagen, massiv in ihren Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt. Der Aus- oder Neubau von Biogasanlagen und Holzheizkraftwerken könnte je nach Standort entweder gänzlich unmöglich- oder durch zusätzliche Lärmschutzauflagen bis zur Unwirtschaftlichkeit verteuert werden. Das betrifft Maßnahmen wie die Flexibilisierung der Stromerzeugung (Zubau von BHKW) und die Umstellung von der Stromerzeugung mit Biogas auf die Gasaufbereitung und Einspeisung von Biomethan.

3. Rechts- und Planungssicherheit muss gewährleistet werden: Seit 2021 wurden bereits eine Vielzahl von „dörflichen Wohngebieten“ ausgewiesen. Da es bis dato keinen gebietsspezifischen Immissionsgrenzwert in der TA Lärm gab, es aber dennoch einer Grundlage für die Planung bedurfte, wurde bei den bisher aufgestellten Bebauungsplänen auf die Immissionsgrenzwerte für „Dorfgebiete“ zurückgegriffen. Diese Herangehensweise wurde von der juristischen Kommentarliteratur[1] sowie Leitfäden der Länder[2] gestützt und fand bei der letzten Überarbeitung zudem Eingang in die DIN 18005-1 „Schallschutz im Städtebau“. Im Hinblick auf diese bereits bestehenden MDWs hätte die Absenkung der Immissionsrichtwerte eine erhebliche Rechts- und Planungsunsicherheit für die schon bestehenden „dörflichen Wohngebiete“ sowie für die arrondierten Lärmemittierenden zur Folge.

[1] Vgl. hierzu Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger: BauGB, Bd. 6, § 5a BauNVO, Rn. 14.