EU-Übergewinnsteuer würde zur Stilllegung von Bioenergie-Strom in der Krise führen
Berlin, 15.09.2022. Die Europäische Kommission legte gestern ihre Vorschläge zur Bewältigung der Energiekrise vor. Demnach sollen unter anderem europäische Stromerzeuger alle Strommarkterlöse von mehr als 180 Euro je Megawattstunde an den Staat abtreten. Auch bei der Bioenergie sollen (mit Ausnahme von Biomethan) Einnahmen jenseits dieser Preisgrenze abgeschöpft werden. Zustimmen müssen nun die Energieminister der Mitgliedsländer. Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, kommentiert im Namen der Bioenergieverbände:
„In der aktuellen Situation muss es das oberste Gebot sein, dass in Kraft-Wärme-Kopplung betriebene Holzheizkraftwerke und Biogasanlagen jede mögliche Kilowattstunde (kWh) Strom einspeisen. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission, alle Einnahmen oberhalb von 18 Cent pro kWh Strom abzuschöpfen, ist jedoch das genaue Gegenteil zu befürchten. Biomasseanlagen weisen vergleichsweise hohe Betriebskosten auf. Seit Jahren sind sie darüber hinaus mit steigenden technischen Anforderungen und entsprechendem Investitionsbedarf sowie allgemein steigenden Preisen für Reparaturen, Wartung und Anlagentechnik konfrontiert. Zudem haben die Betreiber von Biogasanlagen in die verstärkte Flexibilisierung der Energieproduktion investiert, um zukünftige Energiemärkte bedienen zu können. Deshalb lag schon vor einigen Jahren die zugrundeliegende Kostenstruktur vieler Anlagen nahe an der von der Kommission vorgeschlagenen Kappungsgrenze. Seit der aktuellen Energiekrise sind die Preise für landwirtschaftliche Ressourcen und Kraftstoffe bekanntermaßen sehr stark angestiegen, so dass die Anlagen nun auch mit sehr hohen Brennstoffkosten zu kämpfen haben. Den Anlagen die grundsätzliche Möglichkeit zu nehmen, die durch die Krise verursachten höheren Brennstoffkosten durch zusätzliche Erlöse auf dem Strommarkt zumindest teilweise zu kompensieren, würde zu einem starken Rückgang der Strom- und Wärmeerzeugung aus Biomasse führen sowie zu einer massiven Investitionsunsicherheiten bei den Betreibern. Dies konterkariert die gestern noch einmal bekräftigte Absicht der Bundesregierung, mehr Biogas in den Markt zu bringen, sowie die im Koalitionsvertrag festgelegten Ausbauziele für erneuerbare Wärme.
Es ist zwar ein Hoffnung machendes Zeichen, dass Biomethan laut Kommission von der Kappung ausgenommen werden soll, weil Biomethan Flexibilität bereitstellt und als Erdgassubstitut zur Verfügung steht. Aber mit der gleichen Logik sollten auch andere Bioenergieanlagen wie Holzheizkraftwerke und Biogasanlagen mit direkter Verstromung ausgenommen werden. Biomasselager und die Gasspeicher an Biogasanlagen sind ebenso Energiespeicher und können flexibel und saisonal Energie zur Verfügung. Folglich leisten auch sie einen unverzichtbaren Beitrag zu Substitution von fossilem Erdgas und dämpfen so die Energiepreise. Der Anreiz in die Bereitstellung eben dieser Flexibilität zu investieren ist der mögliche Mehrgewinn am Spotmarkt in Zeiten, wo weniger Strom aus Wind- und Solaranlagen eingespeist wird und Preise über dem Durchschnitt liegen. Mit einer Obergrenze von 18 ct/kWh verlieren die Anlagen damit den finanziellen Anreiz für eine flexible Fahrweise. Das kann nicht im Sinne der Energiesicherheit sein und muss bei der nationalen Umsetzung der Vorschläge der EU unbedingt berücksichtigt werden.“