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05.02.2025

Positionspapier: 10 Empfehlungen der Bioenergiebranche für die nächste Legislaturperiode

1. Versorgungssicherheit gewährleisten

Energie aus Biomasse liefert Strom- und Wärme, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.

Holzheizkraftwerke und Biogasanlagen stellen systemrelevante, steuerbare und gesicherte Leistung für Strom- und Wärmenetze bereit. Biogasanlagen sind ein flexibles Back-Up zur Überbrückung längerer Zeiten mit niedriger Wind- und Solarenergieeinspeisung, insbesondere im Winter. Holzenergie und Biomassewärmenetze stellen Wärme weitgehend unabhängig vom Stromsystem zur Verfügung und sorgen so für Entlastung und Sicherheit in Zeiten mit geringer Stromerzeugung und gleichzeitig erhöhter Nachfrage. Für die Biomethaneinspeisung kann die bestehende Gasinfrastruktur als Langfristspeicher genutzt werden.

Bioenergie macht unabhängig von Energieimporten und fördert die Nachhaltigkeit.

Das in Deutschland genutzte Biogas und die Holzenergie werden fast ausschließlich in Deutschland produziert; die Rohstoffbasis stammt aus der heimischen Land- und Forstwirtschaft. Eine produktive und nachhaltig bewirtschaftete Land- und Forstwirtschaft ist damit auch für die Energieversorgung und den Klimaschutz unerlässlich. Die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung setzt für die Nachhaltigkeitszertifizierung umfassende, weltweit zu erfüllende Anforderungen.

Empfehlungen

1. An Biomassepaket anknüpfen & EEG noch 2025 verbessern: Mit dem im Januar vom Bundestag verabschiedeten „Biomassepaket“ wurden im EEG wichtige Verbesserungen für die Strom- und Wärmeerzeugung aus Biogas und Holzenergie vorgenommen. Allerdings wurden gleichzeitig ambitionierte Anforderungen an den Anlagenbetrieb eingeführt, die zum Teil zu kurzfristig greifen und für manche Anlagen ohne einen Übergangszeitraum nicht umsetzbar sind oder zum Teil auch über das Ziel hinausschießen. Zudem wurde die notwendige Erhöhung des Ausschreibungsvolumens nur für 2025 und 2026 vorgenommen. Die neue Bundesregierung muss deshalb so schnell wie möglich auf das Biomassepaket aufbauen. Dazu gehört insbesondere:

  • Übergangsregeln für bestehende Anlagen, deren EEG-Vergütung bereits 2025 oder 2026 ausläuft und die deshalb nicht ausreichend Zeit haben, die neuen, extrem ambitionierten Anforderungen zu erfüllen. Dies betrifft insbesondere die neue Systematik der Überbauungsanforderungen (Umstellung von einer Begrenzung der jährlichen Volllaststunden auf eine Begrenzung der jährlichen Betriebsstunden).
  • Verbesserungen, die besonders Kleinanlagen, güllebetonte Biogasanlagen und wärmegeführte Anlagen adressieren. Auch hier ist die neue Systematik der Überbauungsanforderungen besonders problematisch.
  • Abschaffung der sachlich nicht begründbaren Begrenzung des Einsatzes von Mais in Biogasanlagen.
  • Anhebung der Ausschreibungsvolumina für die Jahre ab 2027.
  • Verpflichtung von Netzbetreibern zur Überbauung von Netzverknüpfungspunkten, um den Anschluss stark flexibler Biogasanlagen kosteneffizient und zügig zu ermöglichen.
  • Regeln für bereits bezuschlagte Anlagen: Möglichkeit schaffen, weiter zu flexibilisieren und in das neue System wechseln zu können; Einführung eines „Inflationsausgleichs“.

2. Besonderheiten der Bioenergie im neuen Strommarktdesign berücksichtigen: Bei der Weiterentwicklung der Finanzierung für erneuerbare Energien müssen die Besonderheiten der Bioenergie berücksichtigt werden. Dazu gehört, dass Bioenergieanlagen im Gegensatz zu Wind- und Solaranlagen steuerbar sind, aber Brennstoffkosten haben; die Anlagen benötigen also entsprechend höhere Einnahmen, insbesondere auch aus der flexiblen Stromerzeugung. Bei der Ausgestaltung eines Kapazitätsmarkts müssen ebenfalls die Besonderheiten der Bioenergie berücksichtigt werden. Dazu gehört, dass Bioenergieanlagen im Gegensatz zu fossilen Kraftwerken klimaneutrale Energie produzieren; eine Herangehensweise, die nicht zwischen fossilen und klimaneutralen Brennstoffen differenziert, ist also nicht angemessen, um die Bioenergie in einen Kapazitätsmarkt zu integrieren.

3. Biomethaneinspeisung erleichtern: Die novellierte EU-Gasbinnenmarktrichtlinie muss noch im Jahr 2025 ambitioniert in deutsches Recht übertragen werden, um den Anschluss von Biomethananlagen und umgerüsteten bestehenden Biogasanlagen ans Gasnetz zu erleichtern. Neben der Fortführung der bestehenden Regelungen aus der Gasnetzzugangsverordnung sollte auch der Zusammenschluss bestehender Biogasanlagen unterstützt sowie die Biomethanmärkte gestärkt und vor Missbrauch geschützt werden (insbesondere bei den Treibhausgasminderungsquoten im Kraftstoffmarkt, siehe unten). Die Nationale Wasserstoffstrategie sollte zu einer Nationalen Strategie für Grüne Gase weiterentwickelt werden, die neben Wasserstoff auch alle biogenen Gase sowie gasförmige Wasserstoffderivate adressiert.

 

 

2. Kosteneffizienter Klimaschutz & soziale Akzeptanz

Bürgern und Unternehmen sollte beim Klimaschutz eine möglichst große technische und wirtschaftliche Freiheit eingeräumt werden. Mit der Mobilisierung biogener Brenn- und Kraftstoffe wird das Lösungsspektrum für den Klimaschutz erweitert.

Ein resilientes, kosteneffizientes und sozial akzeptiertes klimaneutrales Energiesystem muss auf eine breite Lösungspalette an erneuerbaren Energien setzen. Das Energiesystem der Zukunft ist auch auf klimaneutrale Moleküle angewiesen, z.B. als Energiespeicher oder als klimaneutraler Kraftstoff. Grüner Wasserstoff ist jedoch auf absehbare Zeit teuer und knapp. Bioenergie ist deutlich günstiger und hat ein großes heimisches Potenzial.

Mit Bioenergie können bestehende Vermögenswerte wie die bestehende Gas- und Fernwärmeinfrastruktur genutzt werden und Netzentgelte stabilisiert werden.

Wo wirtschaftlich sinnvoll, sollten bestehende und Infrastrukturen genutzt werden, um unnötige Investitionskosten und Aufwand für neue Technik und Infrastruktur zu vermeiden. Mit Bioenergieträgern können die bestehenden Gas- und Fernwärmeinfrastruktur bzw. bestehende Heiztechnik und Fahrzeuge genutzt und Klimaschutz betrieben werden. Ländliche Nahwärmenetze sind zudem die Bürgerenergie der Wärmewende und sorgen durch breite Einbeziehung der Bevölkerung vor Ort für Akzeptanz.

Bei der Bioenergienutzung fällt klimaneutrales CO2 als Koppelprodukt an.

Zukünftig wird immer mehr klimaneutrales CO2 für die Herstellung von E-Fuels, die stoffliche Nutzung in der Industrie oder für Negativemissionen benötigt. Die Gewinnung von CO2 aus der Atmosphäre ist aktuell noch energieaufwändig und teuer. Bei der Biogasaufbereitung, an Holzheizkraftwerken und in Bioethanolanlagen kann CO2 hingegen als Koppelprodukt der Energie- bzw. Kraftstofferzeugung abgeschieden werden; dies ist die wirtschaftlichste Form der grünen CO2-Gewinnung und bereits in der Praxis etabliert.

Bioenergie sichert die soziale Akzeptanz der Mobilitätswende.

Die Mobilitätswende steht auch vor einer sozialen Herausforderung: Trotz ambitionierter Flottengrenzwerte, die das Inverkehrbringen von E-Fahrzeugen begünstigen, wird der Fahrzeugbestand lange von Verbrennern dominiert bleiben. E-Fahrzeuge sind sowohl neu als auch gebraucht deutlich teurer, zusätzlich erfordern sie eine neue Ladeinfrastruktur. Dies benachteiligt einkommensschwache Haushalte. Erneuerbare Kraftstoffe bieten hier eine Lösung: Sie ermöglichen klimafreundliche Mobilität ohne teure Neuanschaffungen und verhindern soziale Ausgrenzung im Kontext der Verkehrswende. Dazu müssen höhere Beimischungsanteile in den Markt gebracht werden (z.B. E20, B10 oder B30 für geschlossene Benutzergruppen). Die Bestandsflotte kann so aktiv zum Klimaschutz beitragen.

Empfehlungen

1. Level-Playing-Field beim Klimaschutz: Generell muss es einen fairen und technologieneutralen Wettbewerb zwischen allen klimaneutralen Energieträgern und –quellen geben; eine einseitige Priorisierung von Elektrolyse-Wasserstoff oder Diskriminierung von Bioenergie, z.B. bei regulatorischen Anforderungen, Anreizsystemen, der kommunalen Wärmeplanung oder in Förderprogrammen, darf es nicht geben.

2. Abbau von Hemmnissen und Bürokratie bis Ende 2026: Die Bundesregierung sollte bis Ende 2026 ein umfangreiches Gesetzes- und Verordnungspaket zur Beseitigung von diskriminierenden, praxisfernen oder unverhältnismäßigen regulatorischen Anforderungen für die Erzeugung, Nutzung und Förderung nachhaltiger Bioenergie vorlegen. Bei der Umsetzung der RED III im Strombereich darf es zu keinen zusätzlichen überzogenen Anforderungen kommen. Hierzu zählen v.a. auch die Vorgaben an die Treibhausgas-Einsparung. Neben praxisgerechten und pragmatischen Umsetzungsvorgaben müssen alle in der RED III eingeräumten Übergangszeiträume und Vereinfachungsmöglichkeiten für die Zertifizierung genutzt werden.

3. Ambitionierte Umsetzung der RED-III-Klimaschutzziele im Verkehrssektor: Die Treibhausgasminderungsquote setzt marktwirtschaftliche und technologieneutrale Anreize zur Reduktion von Treibhausgasen im Verkehr und zur Investition in innovative Mobilitäts- und Kraftstofftechnologien. Mit einer ambitionierten Umsetzung der Erneuerbare Energien Richtlinie der EU (RED III) sollte die Quote deutlich angehoben und bis 2040 fortgeschrieben werden. Für die THG-Minderungsquote ist eine Anhebung auf mindestens 37% bis 2030 erforderlich, um alle verfügbaren Klimaschutzoptionen zu nutzen. Dabei sind Gestaltungs- und Vereinfachungsspielräume zu nutzen. Eine Doppelanrechnung bei Übererfüllung der Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe sollte untersagt werden, wenn das Herkunftsland des Kraftstoffes oder der Produzent selbst keine Kontroll-Audits deutscher Behörden zulässt.

4. Realistische Klimaziele für den Bereich Land- und Forstwirtschaft (LULUCF) setzen: Die vierte Bundeswaldinventur (BWI 4) hat gezeigt, dass die Treibhausgasspeicherung des Waldes aufgrund des Alters der Wälder und der großflächigen Klimaschäden zurückgeht. Die im Klimaschutzgesetz verankerten Ziele für die Treibhausgasbindung im Bereich Land- und Forstwirtschaft (LULUCF-Sektor) sind damit nicht erreichbar und müssen überarbeitet werden.

3. Bioenergie als Innovationsmotor und für Wertschöpfung im ländlichen Raum nutzen

Bioenergie ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum, insbesondere für die Land- und Forstwirtschaft und die damit verbundenen Wertschöpfungsketten.

In Deutschland sind rund 114.000 Personen in der Bioenergiebranche beschäftigt, sowohl in Land- und Forstwirtschaft als auch im Maschinenbau und Handwerk. Die Erzeugung und Nutzung von Bioenergie in den Sektoren Strom, Wärme und Kraftstoff in Deutschland sorgt jährlich für Wertschöpfung in Höhe von rund 15 Mrd. Euro. Deutschland ist seit Jahren die Nr. 1 in der europäischen Biogasproduktion, aber auch andere EU-Länder beschleunigen den Ausbau und holen erfreulicherweise auf. Noch wird die Hälfte des europäischen Biogases in Deutschland produziert.

Deutschland ist internationaler Technologieführer im Bereich Bioenergie.

Die deutschen Hersteller von Bioenergieanlagentechnik sind international zumindest aktuell noch führend. Zwar sind insbesondere die Maschinenbaufirmen stark exportorientiert, aber da es sich überwiegend um kleinere und mittelständische Unternehmen handelt, sind sie auch auf einen funktionierenden Heimatmarkt angewiesen, um Innovationen voranzutreiben.

Empfehlungen

1. Heimatmarkt fördern: Deutschland muss auch weiterhin auf eine heimische Produktion und Nachfrage von Bioenergieträgern setzen, mit starker regionaler Verankerung in der Land- und Forstwirtschaft sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen, die vielfach zur Weltspitze in ihrem Bereich gehören. Eine pragmatische und unbürokratische Umsetzung von EU-Vorgaben, die nationale Gestaltungs- und Vereinfachungsspielräume beispielsweise bei der RED III nutzt, ist unerlässlich für die Stärkung des Standorts Deutschland.

2. Politisches Bekenntnis zur Bioenergie: Für langfristige Verlässlichkeit und Planbarkeit in Investitionen bedarf es eines politischen Bekenntnisses zur Holzenergie, zu Biogas und Biokraftstoffen als essenzielle erneuerbare Energieform und Wirtschaftskraft im ländlichen Raum (z.B. in Form einer „Initiative Pro Holzenergie“). Auch die dauerhafte Befreiung der Biokraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft von der Energiesteuer muss zeitnah umgesetzt werden, da nur so das Vertrauen für die notwendigen Investitionen erzeugt werden kann.

3. Betrug bei Importen und ausländischen Projekten verhindern: Rohstoff- und Biokraftstoffimporte sowie Klimaschutzprojekte im außereuropäischen Ausland dürfen nur auf die Treibhausgasminderungs-quote angerechnet werden, wenn die Nachhaltigkeit über Vorort-Kontrollen bzw. ein behördliches Zulassungsverfahren für besonders privilegierte, fortschrittliche Biokraftstoffe sichergestellt wird. Betrugsfälle müssen konsequent aufgeklärt und der entgangene Klimaschutz nachgeholt werden.