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23.01.2020

Dringendster Änderungsbedarf am Gesetzesentwurf der Bundesregierung für ein Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom 23.10.2019

1. Primärenergiefaktor für biogas auf 0,3 oder niedriger absenken (änderung von anlage 4 Nr. 6)

In Anlage 4 Nr. 6 des GEG-Entwurfs ist für Biogas ein Primärenergiefaktor (PEF) von 1,1 vorgesehen. Das heißt, bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs eines Gebäudes oder Wärmenetzes wird die Wärme aus Biogas gleichgesetzt mit der Wärme aus Erdgas, Flüssiggas, Heizöl und Steinkohle (alle 1,1) und läge nur leicht unter der Wärme aus Braunkohle (1,2). Angesichts der Tatsache, dass die PEF des GEG nur den nicht-erneuerbaren Primärenergiebedarf für die Bereitstellung von Wärme wiederspiegeln sollen, liegt der Wert für Biogas deutlich zu hoch und widerspricht allen wissenschaftlichen Studien zu diesem Thema. Das vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gegebene Begleitgutachten zur Evaluierung der PEF wertet fünf Studien zur Berechnung des Primärenergiebedarf verschiedener Brennstoffe aus und kommt selbst zu dem Schluss, dass ein PEF, der den tatsächlichen Primärenergiebedarf der Wärme aus Biogas widerspiegeln soll, je nach Technologie und Einsatzstoff zwischen 0,1 (Roh-Gas aus Gülle), 0,2 (Roh-Gas aus Mais; Biomethan aus Gülle) und 0,3 (sonstiges Biomethan) liegen müsste:1

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Es ist kein Grund ersichtlich, warum für alle Brennstoffe die wissenschaftlich ermittelten Werte nahezu ohne Änderung in den GEG-Entwurf übernommen werden sollten, der Wert für Biogas aber auf das drei bis vierfache und damit auf das Niveau der fossilen Konkurrenzbrennstoffe (Erdgas, Heizöl) zu erhöhen ist.

Vorschlag

Auf Basis der Werte im Begleitgutachten ist eine Absenkung des PEF für Biogas in Anlage 4 Nr. 6 auf 0,3 wissenschaftlich fundiert und aus Gründen der Konsistenz mit den PEF der anderen Technologien geboten. Bei einer Ausdifferenzierung zwischen Biogas ohne Gasaufbereitung und Biogas mit Gasaufbereitung sowie zwischen verschiedenen Einsatzstoffen wären zum Teil noch niedrigere Werte von 0,1 bzw. 0,2 gerechtfertigt (siehe oben).

 

2. Brennwertkessel mit Biomethan als zulässigen Wärmeerzeuger anerkennen

Zusätzlich zum ungerechtfertigt hohen PEF für Biogas im Allgemeinen wird an verschiedenen Stellen im GEG-Entwurf vorgeschrieben, bei der Wärmeerzeugung aus Biomethan keinen Brennwertkessel, sondern eine (gebäudeintegrierte) KWK-Anlage zu verwenden. Angesichts des Ziels, Hausbesitzern eine möglichst große wirtschaftliche und technische Freiheit bei der Erfüllung des Ordnungsrechts einzuräumen, ist eine solche Vorgabe widersinnig. Der größte Mehrwert der Wärmeversorgung aus Biomethan ist, dass Treibhausgasemissionen vermieden werden ohne dass zusätzliche Investitionskosten anfallen oder Nutzer, trotz womöglich widriger Umstände etwa aufgrund ihrer Wohnsituation, ihr Verhalten ändern müssen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn das Biomethan in den dem Nutzer bekannten Technologien wie Gasbrennwertkesseln eingesetzt wird. Eine Beschränkung des Biomethaneinsatzes auf KWK-Anlagen, die zusätzliche Investitionen und technische Änderungen notwendig machen, verhindert de facto den Einsatz von Biomethan und konterkariert das Prinzip der Technologieoffenheit.

Um den wirtschaftlichen und technischen Spielraum von Hausbesitzern auch auf die Nutzung von Biomethan in einem Brennwertkessel auszudehnen, werden folgende Änderungen vorgeschlagen.

2.1.  Biomethan im Brennwertkessel in die Liste der Ausnahmetatbestände zum pauschalen PEF aufnehmen (Ergänzung von § 22 Abs. 1)

In § 22 Abs. 1 des GEG-Entwurfs werden für den ungerechtfertigt hohen PEF für Biogas zwei Ausnahmetatbestände eingeführt: Zum einen für die Wärmeerzeugung aus Biogas, das  gebäudenah hergestellt wurde (dann gilt ein PEF vom 0,5); zum anderen für die Wärmeerzeugung aus Biomethan in einer (gebäudeintegrierten) KWK-Anlage (dann gilt ein PEF von 0,6). Wie im oben zitierten BMWi-Gutachten dargestellt wird, sind auch diese Werte nicht wissenschaftlich fundiert, sondern sollten im GEG deutlich niedriger liegen. Davon abgesehen handelt es sich bei den Konstellationen, für die hier Ausnahmen vorgesehen sind, um Einzelfälle, die in der Praxis selten Anwendung finden. Die eigentlich in der Praxis relevante Wärmeerzeugung aus Biomethan ist die Nutzung eines Brennwertkessels, die hier nicht genannt wird – für sie gilt demzufolge der pauschale PEF aus Anlage 4.

Vorschlag

Insofern der pauschale PEF für Biogas (Anlage 4, Nr. 6) nicht auf einen wissenschaftlich fundierten Wert abgesenkt wird, sollte zumindest der Einsatz von Biomethan in einem Brennwertkessel in die Liste der Ausnahmetatbestände  (§ 22 Abs. 1) aufgenommen werden. Für alle Konstellationen in der Liste sollte der in dem BMWi-Gutachten ermittelte Wert von 0,3 gelten.

2.2. Biomethan im Brennwertkessel als Erfüllungsoption anerkennen (Ergänzung von § 40 Abs. 2)

Eine weitere unnötige Einschränkung möglicher Wärmeversorgungskonzepte findet sich bei der Liste der Erfüllungsoptionen für die Nutzungspflicht für Erneuerbare Wärme. Hier wird ein Gebäudeeigentümer, der die Nutzungspflicht durch den Einsatz von 30 Prozent Biomethan erfüllen möchte, verpflichtet, eine (gebäudeintegrierte) KWK-Anlage zu verwenden. Die Verwendung eines Brennwertkessels ist – anders als bei flüssiger Biomasse – nicht zulässig (§ 40 Abs. 2). 

Vorschlag

Die Nutzung von 30 Prozent Biomethan für die Wärmeerzeugung gilt auch dann als Erfüllungsoption, wenn als Heizgerät ein Brennwertkessel eingesetzt wird.

 

3. Verfahren zur Nachvollziehbarkeit von Biomethanlieferungen

3.1. Kurzfristiges Verfahren: Aufbewahrung von Nachweisungen des Gaslieferanten

Das bislang im Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz oder im baden-württembergischen Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) praktizierte Nachweisverfahren, bei dem der Endkunde die entsprechenden Nachweise des Gaslieferanten  aufzubewahren und bei stichprobenartigen Kontrollen vorzuweisen hat, sollte zunächst fortgeführt werden.  Dies sieht auch der GEG-Entwurf vor (§ 96, Abs. 4-6). Laut dem EWärmeG-Evaluierungsbericht empfehlen die befragten untergeordneten Landesbehörden, die für den Vollzug zuständig sind, die bestehenden Regelungen beizubehalten.2

3.2. Mittelfristiges Verfahren: Einrichtung eines automatisierten Kontrollsystems

Ein noch effizienteres Verfahren ist die Nutzung von automatisierten elektronischen Kontrollsystemen, wie es von verschiedenen Akteuren der Gasbranche vorgeschlagen wird.

Mit Systemen wie dem bestehenden dena-Biogasregister besteht bereits die Möglichkeit, Biomethan von der Einspeisung über den Händler bis zur Nutzung nachzuverfolgen. Diese Register sind schon heute auch für die Nachverfolgung der Biomethan-Lieferung zum privaten Endkunden geeignet, die z.B. Brennwertkessel oder KWK-Anlagen nutzen.

Wenn so die Nachverfolgung der Lieferungen bis zum Endkunden gewährleistet ist, muss nun noch ein Kontrollregister geschaffen werden, in dem die Baugenehmigungen der Kunden, die sich für den Biomethanbezug als Erfüllungsoption des GEG entschieden haben, mit den laufenden Gasbezugsverträgen zusammengeführt werden. Dieses Kontrollregister muss unter staatlicher Aufsicht stehen, kann aber im Sinne der Blockchain-Strategie der Bundesregierung auch als Blockchain realisiert werden. Dabei sind Datenschutz und die Wechselmöglichkeit des Kunden zu einem anderen Biomethanlieferanten sichergestellt. Wird durch den Abgleich der Baugenehmigungen und der aktuellen Gasbezugsmengen mit den jeweiligen Biomethananteilen festgestellt, dass der Kunde mittlerweile nicht mehr den verpflichtenden Biomethananteil bezieht, kann die untere Baubehörde als Vollzugsorgan hier zielgerichtet ansetzen. Somit wird die dauerhafte Belieferung mit Biomethan mit minimalem Kontrollaufwand sichergestellt, da sich die Vollzugsorgane auf die Kunden konzentrieren können, bei denen ein mutmaßlicher Verstoß bereits durch die automatisierte Kontrolle festgestellt worden ist.

Vorschlag

Im Gesetzestext und/oder der Gesetzesbegründung wird ergänzt, die Entwicklung eines neuen, automatisierten Nachweisverfahrens zu prüfen und sobald wie möglich umzusetzen.

 

[1] Quelle: Dena / Ecofys / Prognos / Ifeu (2018), Untersuchung zu Primärenergiefaktoren, S. 29.

[2] Quelle: Econsult / Fraunhofer ISI / Öko-Institut, Ifeu (2018), Evaluation des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes (EWärmeG), S. 204.

 

Die PDF-Version des Positionspapiers finden Sie hier.